Der Mensch und "seine" Umwelt: Teil 2
Was kann man davon halten?
Wie Corona gezeigt hat: Meinungen teilen die Bevölkerung und regen anscheinend nicht zum Diskurs an. Vorweg: Ich finde die Aktion der Klimakleber in den Grundzügen gut und auch erforderlich. Martha Krumpeck war auch schon im Talk im Hangar 7.
Brot und Messer
Mit einem Messer kann man bekanntlich ein Brot schneiden, aber auch einen Menschen verletzten. Macht es den Gegenstand Messer dadurch per se schlecht? Nein. Selbiges ist es mit dem Heiligtum des Kraftfahrzeugs. Man kann damit:
- Lasten- / Kranktransporte durchführen
- Industrielle Fahrten (e.g. Installateure, …) tätigen
- zum Wandern ins Grüne fahren, dort wo kein öffentlicher Verkehr hinfährt (Stichwort: Bodenbauer Hochschwab)
- Strecken fahren, die öffentlich mindestens das dreifache der Zeit brauchen würden
Da in Wien der öffentliche Verkehr am attraktivsten und die Parkplatzsituation am frustrierendsten ist, legen die Bewohner der Bundeshauptstadt mit täglich 30 Kilometern die österreichweit geringste Strecke mit dem Auto zurück.
Man findet als Normalsterblicher keine Statistik und muss ich daher auf Beobachtungen verlassen: Geht man in Wien in der Früh zu Fuß (meine Strecke ist meinst BOKU bis Hauptbahnhof), so sieht man, dass sich 95% PKWs mit Wiener Kennzeichen durch den Stadtverkehr quälen. Arbeiten die alle außerhalb von Wien, wo kein öffentlicher Verkehr hinfährt, oder transportieren sie jeden Tag Lasten? Oder ist es doch eine gewisse Frage des Komforts, dass man u.U. nicht in der Früh in vollgestopfte Öffis will und in seiner gut klimatisierten Blechzelle etwas Privatsphäre genießen will? Das Ausborgen von PKWs (so einfach wie noch nie) zeigt auch, dass es Alternativen gibt. Und da ich schon viele Stunden, wartend auf Bahnsteigen verbracht habe und die Öffis verflucht habe, so glaube ich, dass es bei vielen die Bequemlichkeit ist – ohne eine Studie zu machen.
Klimakleber: Der Spiegel der Politik?
Kickl fordert Amtsarzt für emotionale Klima-Kleberin
Mikl-Leitner fordert Möglichkeit von Haftstrafen für Klima-Kleber
Wiens FPÖ-Chef will Klima-Klebern auf den Kopf pinkeln
Solche Schlagzeilen findet man in dem ein oder anderen Qualitätsmedium in Österreich. Doch ich denke mir: Die Politik Elite hat noch immer nichts gelernt. Auch bei Corona ist man unbeirrt einen Kurs X gefahren und hat Kritiker nie öffentlich zum Diskurs eingeladen und Unklarheiten aus dem Weg geräumt. Und hat man es dann trotzdem gemacht, so wurde es PR-mäßig vorteilhaft durchgeführt. Sich im öffentlichen-rechtlichen Funk zusammenzusetzen mit Experten (!) und über Klima zu diskutieren, hätte weitaus mehr Sinn, als sich über Strafen Gedanken zu machen. Und man könnte vielleicht Menschen zum Umdenken anregen.
Kogler: „Stinker-SUVs werden teurer werden, sorry“
Zur UN-Klimakonferenz sollen mehr als 400 Privatjets in dem ägyptischen Badeort Scharm el-Scheikh gelandet sein.
Eine Ministerin, Karoline Edtstadler (ÖVP), zuständig für EU und Verfassung ressortierend bei Sebastian Kurz, hat ein eigenes Kraftfahrzeug - einen Audi A8, hybridbetrieben
Was ist passiert? Soweit mir bekannt ist: nicht viel. Hier und da eine Mini-Steuer – aber Autos raus aus Wien? Ich merke davon nichts. Auch bedarf es Vorbilder in der ersten Reihe. Da finde ich es auch lustig, wenn man als Politiker einen BMW 745 Le x Drive fährt. Die Politik schafft es anscheinend nur aktiv auf Geschehnisse zu reagieren. Hier ein Problem – stopfen. Dort eine Teuerung – Bonus. Proaktiv zu handeln – ich vermisse es. Aber vielleicht ist da das PR der Regierung einfach nur schlecht und man beschäftigt sich lieber damit, die Partei ins rechte Licht zu rücken als Pläne dem einfachen Bürger zu kommunizieren. Ich habe viel Impfpost erhalten, aber nie einen schreiben über Umweltpläne …
Das Parteisystem und die Sicht eines einfachen Bürgers
Wie funktioniert Demokratie denn wirklich? Man darf alle X Jahre ein Kreuzchen auf einen Zettel machen. Davor wird viel versprochen. Mit dem Kreuz am Zettel hat man die Demokratie bis zur nächsten Wahl dann auch abgegeben und die Parteien machen ihr Ding. Wohlgemerkt ist jede Wahl ein Kompromiss, weil man kann nur eine Partei wählen und nicht Experten in Bereichen wie Wirtschaft und Umwelt. D.h. wähle ich Grün für Umwelt, so verzichte ich auf andere Themen (ohne diese jetzt genau zu beziffern). Corona hat nicht in die Politik gehört und ich finde das Thema Umwelt genauso wenig. Die Politik soll es Umweltexperten einfach ermöglichen, Gesetze zu formulieren.
Können Änderungen in Umweltthemen in einer Demokratie funktionieren?
Auf der TU hat es einen Vortrag geben: Schaffen wir die Energiewende in einer Demokratie?. Der Vortrag war ok – aber der Titel hat mich dazu veranlasst, Prof. Rieck zu schreiben mit der Bitte, das Thema auf YouTube zu reflektieren. Er war aber ein Verfechter von Demokratie und es passierte daher nichts mehr. Wie oben aber gezeigt glaube ich, dass es nach unserem Demokratieverständnis nicht funktionieren kann. Wenn irgendwann Mal Umweltkatastrophen den Alltag dominieren, wird man wieder aktiv reagieren. Vorher sehe ich da nicht viel Chancen.
Auch glaube ich, dass der Mensch nicht wirklich für etwas Opfer bringen kann, was in ferner Zukunft liegt. Folgendes Video (Eine Reise in die am stärksten luftverschmutzte Stadt der Welt (Staubhölle)) zeigt, dass Europa ja nur ein Teil des Problems ist und eine weltweite Lösung gefunden werden müsste. Und wenn ich ehrlich mit mir bin: im Kleinen zu agieren – es geht. Auf Fleisch verzichten, kein Auto zu haben. Motorrad hergeben und gar nicht mehr fliegen? Schwierig. Würde ich auf eine Demo gehen, wenn die Politik es europaweit für alle Bürger, unabhängig vom Kontostand – Stichwort Klimapass, einschränkt? Nein. Dann gibt es halt nur mehr saisonales Gemüse und keine aufwendigen Kühlketten und Gewächshausbeheizungen. Oder Skipisten mit aller Gewalt am Leben erhalten. Oder weniger neues Gewand aus Fernost. Weniger Wegwerfmentalität. Kein 5G für unnütze Videos.
Wirtschaft Auto
2019 waren rund 3,48 Millionen Menschen in der Automobilindustrie tätig, davon ca. 2,6 Millionen direkt in der Kraftfahrzeugproduktion und 920.000 indirekt bei Automobilzulieferern.
Insgesamt hängen in Deutschland 613.000 Jobs direkt am Verbrennungsmotor
Und ich vermute, die Zahl ist noch viel größer, wenn man die Dienstleister (e.g. IT) berücksichtigt. Bzw. bin ich mir auch nicht sicher, ob die Zahl sämtliche Schrauber inkludiert. Wie auch immer. Es ist wohl ein Balanceakt zwischen Wirtschaft und Umwelt. Und am Ende des Tages sind die Klimakleber also nur ein Wachrüttler, mit dem sich aber viele vor den Kopf gestoßen fühlen. Dass es ausgereichnet bei den PKWs und Flugzeugen beginnt mag Zufall sein, aber es ist ein Beginn.