2 Jahre Africa Twin DCT
Kurz zu meiner Person
Ich bin Jahrgang 84. Ich habe den Führerschein mit 18 gemacht, und bin dann bis zu meinem 34. Lebensjahr nicht mehr gefahren. Da ich von Haus aus nicht am “Heizen” interessiert war, fiel mir die Wahl recht einfach: ich will eine Reiseenduro. HONDA gefiel mir sehr gut – und 2018 hab ich mir dann eine bestellt. Nicht sehr intelligent, wenn man ein blutiger Anfänger ist – aber der Gebrauchtmarkt war damals noch nicht gegeben und ich wollte jetzt auch kein “Überbrückungs”- Motorrad kaufen.
Was hat es mit diesem DCT auf sich?
Dual-clutch transmission (DCT) ist mehr oder weniger eine manuelle Schaltung, welche durch Stellmotoren bedient wird.
D.h. man hat am rechten Griff die klassischen Möglichkeiten:
- D(rive)
- S(sport)
- M(manuell)
- N(eutral)
Und links noch +/- für manuelle Eingriffe. Meistens braucht man aber nur die – Taste, weil DCT beim Anbremsen der Kurve nicht so schnell runterschaltet, wie man es ab und zu gerne hätte. DCT hat zwei Kupplungseinheiten – d.h. die Schaltvorgänge spürt man einfach nicht.
Bis jetzt gab es mit DCT noch keinerlei Probleme. Ich fahre bis Mitte November – wo es auch schon recht kalt ist um 6 Uhr in der Früh - bis jetzt alles problemlos. Varahhannes hatte schon 2 Mal einen Ausfall des Stellmotors – wenn man also eine etwas fragwürdige Statistik machen will mit einer Stichprobe: Der Motor dürfte um die 100.000 Kilometer halten.
Zusammengefasst die Vorteile:
- Die Schaltvorgänge sind mega, mega “smooth” - man spürt nichts
- Die Elektronik kennt die Motorcharakteristik besser (zumindest für einen Sonntagsfahrer wie ich es bin). D.h. das einzige was man tun sollte: Wenn man in den Berg fährt auf “S(sport)” umschalten – das wars
- Das Motorrad kann nicht mehr absterben (Spitzkehren …)
- Rev-matching inklusive (gleich wie bei einem Blipper)
- DCT lässt keine Schaltvorgänge zu, die keinen Sinn machen
- Vor allem in bergigen Straßen mit Verkehr sehr angenehm (zumindest für mich). Man kann sich ums Rundherum kümmern und die Elektronik macht den Rest. Bei Spitzkehren schon sehr interessant: Wenn man sich mit dem 2. Gang geirrt hat und auf einmal zu machen muss wegen Gegenverkehr – man spürt den Wechsel in den 1. Gang nicht
- Im Stadtverkehr mega angenehm. Ich bin pro Tag 70 Kilometer gefahren – alleine zur Arbeit.
Die Nachteile:
- Komplexität im System. Ich hab schon ein bisschen angeschwitzt, wie ich damals nach Rumänien gefahren bin. Ich wusste: wenn dir das Ding eingeht, stehst du da unten. Natürlich mit Schutzbrief immer auf der sicheren Seite. Da ist die Frage, ob eine Tenere 700 dann nicht Mittel der Wahl ist. Any-how – mir ist es das Risiko wert. Wie schon mal geschrieben – ich finde Schalten sowieso einen baubedingten Nachteil des Ottomotors.
- Motorrad kann nicht mehr angeschoben werden, wenn die Batterie leer ist
- Ersatzteil 31300-MJP-G81 kostet um die 600 EUR
Würde ich mir es wieder kaufen? Auf jeden Fall.
Reichweite der Africa-Twin
Die Reichweite ist nicht so groß, wie jener der großen Schwester “Adventure-Sports”. Aber mehr als ausreichend. Ich glaube sowieso, dass durch das DCT von einem Durchschnittsfahrer viel Treibstoff gespart wird. Ich habe auch durch Fragen von Mechaniker versucht herauszufinden, wieviel Oktan besser sind für den Motor – keine eindeutige Antwort. Fest steht:
- Ich glaube, sie läuft besser mit 100 Oktan
- 3 Tankeinheiten vor dem Einwintern sollte man sowieso mit 100 Oktan tanken
- Angeblich “verotzt” 100 Oktan weniger die Einspritzung
Ich glaube daher: Für Europa ist der Tank ausreichend.
Verarbeitung Cockpit
Mir gefällt das Cockpit sehr gut. Ein Monochrom-Display – gut abzulesen. Das hat sich leider bei den 2020 Modellen geändert (wenngleich die auch nicht sonderlich viel mehr anzeigen). Der einzige Vorteil ist die Integration mit dem Mobiltelefon. Wie es mit der Offline-Navigation mit Custom-Maps ausschaut weiß ich leider nicht.
Will man ein etwas größeres Navi raufmontieren, muss man eine Zusatzhalterung verbauen. Es gibt einige Berichte im Netz, dass sonst die Halterung des Windscreens bricht.
Kaufen kann man sie hier.
Sturtzbügel
Letztes Jahr hat es mich leider unfreiwillig hingelegt, weil mir jemand reingefahren ist. Gott sei Dank niemanden was passiert. Aber eines war interessant:
- Der untere Touratech Sturtzbügel hat gehalten – ist für mich auch logisch
- Der obere Touratech Sturtzbügel war komplett verzogen – und das ist für mich auch logisch.
Schaut euch die Mounting-Points mal an:
Vorne und unten. Wenn es Motorrad nun auf das Ding fällt, wird es unweigerlich verbogen.
Nach ein bisschen Recherche und Erfahrungsberichten lesen kam ich schnell auf den Outback Motortek Bügel. Laut vielen Meinungen ist das einer der wenigen Bügel, der wirklich hält.
Er zeigt aber recht schnell einen Schwachpunkt der Africa-Twin: die fehlenden Mounting-Points.
Schaut man sich da den Crash-Bar der Yamaha Tenere an – da hat man es auf beiden Seiten geschafft (Kurbelgehäuse nicht ideal geschützt - aber ok).
Fahren
Ich finde die Africa Twin sehr einfach zu fahren – mir fehlen jetzt die Vergleiche – aber ich setze mich immer wieder gerne rauf. Ich bin 189cm groß und kann mega entspannt fahren. Timișoara nach Baden über die Landstraße mit 3 kurzen Pausen – kein Stress. Der Motor ist in Spitzkehren sehr ruhig. Beim Überholen genug Zug. Er macht einfach Spaß. Ja – Rennen gewinnt man da auf einer Straße nicht – aber wenn man das will sollte man sich ohnehin auf die Rennstrecke begeben.
Fahrwerk kann ich jetzt nicht beurteilen. Aber ich bin den Toten Mann gefahren und es hat Spaß gemacht – aber auch schon einige Bergstrecken. Es sollte für einen Sonntagsfahrer also mehr als reichen. Und wer will, kann sich ja Schwedengold verbauen lassen.
Windschutz ist ok für meine 189. Ich merke oft bei 120km/h wenn ich mit dem Kopf ein paar Centimeter runter gehe, dass es auf einmal mega ruhig wird – leider kam das verstellbare Windshield erst 2020.
Reifen
Durch viele positive Berichte habe ich mich für den Conti Trail Attack 3 entscheiden. Vorher hatte ich irgendeinen Bridgestone ab Werk oben. Ich hab mich mit dem Ding nie wirklich wohl gefühlt - vielleicht war er auch schlecht eingefahren – aber beim Conti fühl ich mich viel sicherer.
Vor Rumänien musste ich noch Reifen wechseln und hab mir einen Michelin 4mm UHD (Ultra-Heavy-Duty) Schlauch reingeben lassen. Vom Fahrgefühl merke ich keinen Unterschied – aber angeblich ist das ein mega zuverlässlicher Schlauch. Der Strutzi hat mir noch mitgegeben:
- Wenn man ins Gelände fährt - Luftdruck erhöhen (war glaub ich keine allgemeine Aussage – bezog sich wohl eher auf die “schwere” Africa Twin).
- Vorne 2.6bar und hinten 2.4bar (nicht verschrieben – vorne mehr als hinten). Er hats mir nie genau erklärt warum, aber ich glaube, weil der vordere Reifen nicht so schnell warm wird und durch den höheren Druck dann schneller Temperatur entsteht
Zubehör
Ich habe den SW-Motech TRAX ADV oben (Top-Case) inkl. Adventure Rack. Schon einige Regenfahrten hinter mir – bis jetzt problemlos gehalten. Schaut auch sehr hochwertig aus – sehe da keine Probleme für die Zukunft.
Nach dem die Stoffsackerl immer gerissen sind und allgemein nie richtig reingepasst haben, habe ich mir heuer die Innentasche gegönnt. 50 EUR ist schon eine Ansage. Aber sie schaut recht hochwertig aus – wenn auch recht einfach (keine Innentschaschen im Deckel o.ä.).
Was ich zu 100% empfehlen kann ist die Lenkertasche von Touratech. Ich finde es ausreichend um Handy, Geldtasche und sonstigen Kleinkram reinzustopfen – und man hat nicht so eine mega Tasche am Tank. Regenfahrt hat sie überstanden - der Inhalt war trocken.
Ich wollte mir heuer noch Nebelscheinwerfer kaufen. Sehr oft werden die Denali D4 empfohlen. Man kann die sogar mit dem Fernlicht der Africa-Twin steuern (50% bzw. 100% Leistung) und auf den originalen Honda OEM Switch hängen - aber: es wird direkt mit einem Relay auf die Batterie gehängt und nicht mit der Zündung gesteuert (bzw. Nur indirekt – die Versorgung vom originalen Kabelbaum scheint zu schwach zu sein). Wie auch immer – war mir dann doch zu viel Bastellei.
Das Licht der Africa Twin ist allerdings ausreichend. Ja – es könnte besser sein – aber mit Fernlicht ist es für Nachfahrten wirklich ok.
Fussrasten
Die originalen Africa Twin Fußrasten sind sehr einfach gehalten. Viele meinen, dass man den Gummi rausnehmen soll, wenn man ins Gelände fährt. Sie sind auch sehr schmal. Nach wieder langer Recherche das Ergebnis: Camel ADV Fußrasten.
Die sind echt genial. Da gibt es einfach kein rutschen mehr – und es ist durch die Breite auch angenehm zum Stehen.
Handguards
Da die originalen beim Unfall beschädigt wurden, hab ich etwas Geld draufgelegt. Nach langer Recherche setzen viele im Motorcorssbereich auf die australische Firma Burkbusters.
Machen einen sehr hochwertigen Eindruck und haben bis dato einen super Windschutz. Ich vermute auch, dass der Alubügel ordentliche Schläge aushält.
Gewicht
Wie von vielen schon erwähnt: das Gewicht ist nicht gering - aber wenn sie mal rollt, merkt man es nicht. Aber: sie darf im Stillstand keines Falls aus dem Gleichgewicht kommen - das hält man dann nur mehr schwer. Interessant finde ich, dass die KTM 690 Enduro R mit 146kg auskommt (100 kg leichter) - ja - ist nur ein Einzylinder - aber trotzdem. Ich hab schon mal versucht, ein bisschen im leichten Gelände zu fahren - und genau das Gericht macht Probleme, wenn man noch nicht vorausschauend fahren kann.
Fazit
Mir gefällt die Africa Twin nach wie vor extrem gut. Bei der letzten Ausfahrt hatte eine Teilnehmer eine 30.000 EUR BMW 1200 GS - ja - das schaut alles hochwertiger aus. Aber man zahlt auch das doppelte - vermutlich hat HONDA sich aufs wesentliche konzentriert. Einige Leute sind damit schon um die Welt gefahren - und das erfolgreich. Schauen wir, was die Zukunft bringt.