Gute alte Zeit – wo bist du hin?

Technik im Alltag

Schon seit geraumer Zeit beobachte ich (und vermutlich auch viele andere), dass die Technik immer mehr Einzug in unser Leben findet. Ist das gut? Am besten lässt sich das Ganze wohl anhand von Beispielen zeigen, welche ich nach und nach hinzufügen werde. Der Tag lautet #technikundethik. Technik und Ethik war eine Vorlesung, welche auf der TU Graz von Prof. Götschl abgehalten wurde. Selbst als eingefleischter Techniker sehe den Einzug der Technik in diverse Lebensbereiche als sehr kritisch an.

Aber zuerst zum Positiven: Was gefällt mir so an der Technik - im speziellen Informatik? Ich hatte die Ehre, in der HTL 5 Jahre Maschinenbau zu machen. Es ist eine sehr spannende Disziplin, da man sich (in den meisten Fällen) alles vorstellen kann. Allerdings ist es auch eine sehr ungenaue Disziplin. Die meisten Berechnungen sind sehr unpräzise – ich erinnere mich an die Lebensdauerberechnung von Kugellager … Informatik ist da schon etwas “besser”, da sie salopp gesagt nur 0 und 1 kennt. Auch die anderen Sachen die mir untergekommen sind – wie e.g. Komplexitätstheorie und was die theoretische Informatik sonst noch hergibt – sind relativ präzise (auch wenn man sich dort gerne Vereinfachungen wie mit Landau-Symbole sucht). Wie auch immer – der Bereich der mich interessiert war immer relativ präzise. Außerdem finde ich es sehr faszinierend, wenn man in Wien auf einen Knopf drückt und am anderen Ende des Planeten das Ereignis sieht – und das in weniger als 400ms.

Doch irgendwie hat es die Menschheit geschafft, dass sie – wie in vielen Bereichen des Lebens – das Ganze wieder zu sehr ausreizt und die Technik dadurch zu sehr Einzug in den Alltag bekommt. Ich finde, Technik sollte uns bereichern (e.g. Kommunikation über weite Distanzen) und das Leben sicherer machen (e.g. Zugleitsystem, Sicherheitsfeatures in Fahrzeugen), aber nicht bevormunden. Hollywood hat dieses Thema auch schon mehrfach aufgearbeitet – interessant finde ich u.a. den Film Surrogates. Aber zurück zur Realität.

Surrogates

Einsame Kassen bei Spar

Dieses Thema wurde von der Presse schon aufgearbeitet. Allerdings sind diese Kassen noch immer präsent. Diese Generation sträubt sich noch gegen diese Kassen – aber die nächsten Generationen? Ich lebe derzeit in Wien – steht man 2 Minuten bei einer Kassa ertönt aus der letzten Reihe “Zweite Kassa”. Die Leute haben besseres zu tun als bei Kassen zu warten – wie es scheint … Und bald werden wir erleben, dass RFID Tags auf den Lebensmitteln sind und man mit den Waren nur mehr durch eine Schleuse fährt. Und hier kann man auch wieder beobachten, dass der Nutzen überspannt wird. Unterm Strich wird es 24h Shops geben, wobei Mitarbeiter nur mehr Regale nachfüllen (obwohl das auch nur eine Frage der Zeit ist).

Kassa

Lieferservice von Billa und Co

Billa liefert auch nach Hause. Die Bestellung erfolgt über den Webshop. Ein Schritt in die Zukunft? Ich bezweifle es - persönlich finde ich das sogar sehr bedenklich. Ja – es gibt Leute, denen dieser Service sicher den Alltag erleichtert. Doch soziale Dienstleistungen sollten sozialen Einrichtungen wie dem Roten Kreuz überlassen werden. Denn ich frage mich, wo die Menschheit hin will? Teleworken, Lebensmittel nach Hause bestellen, Lift in die Tiefgarage zum Fahrzeug? Ist das wirklich Komfort? Ist der Mensch dafür überhaupt “gedacht”? Ich gebe es zu: ich vermisse die Zeit vom lokalen “Familie XY Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft”. Klein und ehrlich. Und geliefert wurde in der Ortschaft auch an Leuten die selbst nicht mehr einkaufen konnten. Das schlimme an der Sache: vermutlich ist der Schritt zum Supermarkt irreparabel.

Dies und Das

Pyramidenkogel

Der Pyramidenkogel ist auch ein trauriges Beispiel für das Streben nach Größe. Heute braucht man schon andere Dinge um Touristen anzuziehen – eine Rutsche durch den Turm, ein nobles Restaurant. Auf dem Wanderweg von Maria-Wörth herrschte gähnende Stille – wir waren alleine unterwegs. Kurz vorm Pyramidenkogel hörten wir dann plötzlich viele Motorräder. Und eine Autokolone stellte sich um die wenigen Parkplätze an – ein Trauerspiel … Die Bequemlichkeit mancher Leute ist unbeschreiblich … Ich will nicht alle in einen Topfe schmeißen – es gibt sicher Gründe, um mit einem Kraftfahrzeug irgendwo hinzufahren – aber ich wette, die meisten taten es aus Bequemlichkeit. Fazit: Wir haben eine doppelt zerstörte Natur – einmal durch Abgase und eine Straße und anderseits durch ein unnötiges Bauwerk am falschen Platz.

Pyramidenkogel

Markthalle Wien Mitte

Leider durfte ich die Markthalle Wien Mitte nie live erleben – übrig bleibt eine Dokumentation von Elizabeth T. Spira, in der man noch den Wiener-Scharm in der Markthalle erahnen kann. Übrig bleibt der Naschmarkt, wo ich aber schon fleißig suchen muss, um österreichische Spezialitäten zu finden. Oft vorgenommen im Zuge meiner Ernährungsumstellung – leider noch nie umgesetzt ist der Besuch am Karmelitermarkt – die letzte Hoffnung noch was vom Bauern oder vom “echten” Fleischhauer (und nicht vom Hr. Hofstädter) zu bekommen.

Markthalle

Automatic Train Operation

Ich hatte fast einen Schock, als ich gelesen hab, dass Wien fahrerlose U-Bahnen bekommen soll. Nicht, dass ich der Technik nicht vertraue – aber wo liegt hier wieder der Vorteil? Kann man das Innovation nennen? Ich bezweifle es. Die Teilautomation zur Erhöhung des Komforts und der Sicherheit empfinde ich als gut. Die Frage die ich mir stelle: Ob alle U-Bahn Fahrer ihren Job als monoton und nicht erfüllend empfinden, sodass man diesen Beruf ausradieren muss? Die emotionalen Durchsagen mancher Fahrer zeigen zumindest, dass sie vorne nicht schlafen und auf Sicherheit bedacht sind – und ich denke, sie haben auch Freude an der Sache. Ja – ein Personenlastzug (“Lift”) fährt auch alleine – aber hier ist der Weg, den der Lift zurücklegt, übersichtlich. Und auch hier bricht wieder ein klassischer Beruf einfach “weg”. Hoffe, die ÖBB spielt nicht auch mit so einem dummen Gedanken … Am Rande eine lustige Geschichte die ich erleben durfte: Ich gehe immer zu Fuß in den 3. Stock. Unten am Lift stehend ein Fitness-Eiweißshake-Mensch – wild drückend am Lift. Als er nicht kam - ein Schrei durchs Haus: “Lift freigeben”. Jetzt muss man wissen, dass das Haus nur 4 Stockwerke hat und gerade eine Gebäudereinigung im Gange war, wobei die Reiniger ihre Utensilien im Lift hatten. Leute und der Lift – beobachtet mal, welche Leute den Lift benutzen …

Barcelona Train

Bitte nicht gehen

Ein Spaziergang von Reifnitz nach Maria-Wörth. Die Grundstücke am Seeufer scheinen heiß begehrt zu sein (verständlicherweise). Viele Kraftfahrzeuge mit Wiener Kennzeichnen langweilen sich auf den privaten Parkplätzen. Und was sehe ich da? Fast jedes Haus hat einen Lift vom Parkplatz zum 10 Meter tiefergelegen Haus. Wäre es übertrieben, wenn man sich hier auf den Kopf greift? Und es kann mir niemand erzählen, dass alle Leute dort auf einen Lift angewiesen sind. Es kann natürlich jeder mit seinem Geld machen was er will – er hat dafür – im Regelfall – was geleistet. Aber von “Natur am Wörthersee” kann man da nicht mehr sprechen, wenn da alle 100m eine Liftsäule aus dem Boden schießt.

Lift

Und die Menschheit fragte sich: “Wie schaffe ich es, weniger gehen zu müssen?”. Als Antwort kamen elektronische Einräder und Roller. Mich würde interessieren, was die Leute mit der gewonnen Zeit anstellen?

Berge und wie zu Hause fühlen

Wer schon Mal auf dem Tuxer Fernerhaus (Hintertux, Zillertal) war und geglaubt hat, sich verlaufen zu haben, den kann ich gut verstehen. Die Bilder sagen alles

Tuxer Fernserhaus
Tuxer Fernserhaus
Tuxer Fernserhaus

Eine Rolltreppe zum WC auf 2660m? Ein BMW auf 2660m?

Weiter geht es mit – ich zitiere: “Mit 3.440 Metern über dem Meeresspiegel Österreichs höchstgelegene Bergstation.” – der Pitztaler Gletscher. Wahrscheinlich würden die meisten Leute gar nicht raufkommen. Schnell mal eine Bergstation auf den Gipfel … Geht’s noch? Und daneben noch ein Restaurant der Sonderklasse – ein wohlverdientes Schnitzerl bei schöner Aussicht genießen.

“Das Café 3.440 ist von mehr als fünfzig Dreitausendern umgeben. Bestaunen Sie bei einer Tasse Kaffee das einzigartige Alpenpanorama. Auch Tirols höchsten Berg können Sie von hier aus sehen – die Wildspitze mit einer Höhe von 3.774m. Das Café befindet sich in der Bergstation der neuen Wildspitzbahn.”

Pitztal

Fein – vom Auto in die Bahn und schnell mal Berge schauen! Schauen wir mal in andere Länder: Refuge du Goûter. Die “alte” Hütte hats wohl nicht mehr getan … Bergführer schämten sich dafür …

Refuge du Goûter

Schauen wir Mal zu den Nachbarn – ob es dort besser ist? Die Monte Rosa Hütte ist auch ein klassisches Beispiel von Bergtourismus. Wie man sowas in die Natur pflanzen kann ist mir ein Rätsel …

Monte Rosa Hütte

Fazit: Wohin bewegen wir Menschen uns? Ich weiß es nicht mehr … Die Kurven müssen überall nach oben schauen – nach unten oder gleichbleibend ruft immer Unbehagen hervor … Auf jeden Fall sehe ich die Entwicklung sehr kritisch … Viele Dinge werden einfach zu sehr überreizt.